Greifvogelschutz – ein Vergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz
Der Greifvogel- und Eulenbestand konnte sich in den letzten Jahren deutlich erholen. Ein Grund, einen Blick auf die Schutzmassnahmen im Drei-Länder-Vergleich zu werfen.

Gerade während der warmen Jahreszeit in diesem Jahr sah man hierzulande wieder, wie unterschiedliche tagaktive Greifvögel ihre Flugbahnen in unterschiedlicher Höhe über Gärten und Häuser zogen. Wird genauer hingeschaut, können sie zudem in spähender Position auf Strohballen, Zaunpfählen oder auch Verkehrsschildern beobachtet werden. Auch tief in der Nacht hört ist bei geöffnetem Fenster mittlerweile wieder der eine oder andere Eulenvogel zu hören, der sich anscheinend in der Nähe einer Siedlung oder dem angrenzenden Waldgebiet niedergelassen hat. Doch dies war nicht immer so – der Greifvogel- und Eulenbestand konnte sich in den letzten Jahren deutlich erholen. Welche Massnahmen hat die Schweiz ergriffen und wie sieht die Situation vergleichsweise in Deutschland und Österreich aus?
Ein Einblick in die Historie der Gefährdung
Wie bei allen Beutegreifern stehen auch viele Vertreter der Greif- und Eulenvögel an oberster Stelle der Nahrungskette. Natürliche Feinde gibt es an sich wenige, und so muss natürlich, historisch betrachtet, wieder einmal der Mensch in den zentralen Fokus der Gefährdung gesetzt werden. Die aktive Verfolgung und Ausrottung über mehrere Jahrhunderte sorgten dafür, dass beispielsweise der Bartgeier oder auch der Fischadler vollkommen verschwunden waren. Dabei sprechen wir von einer Zeit, zu der heute kaum noch jemand einen Zugang in seiner Vorstellung erhält. Im letzten Jahrhundert hingegen sorgte eine zunehmende Industrialisierung dafür, dass der Mensch durch seine Invasivität in die Natur eine passivere Rolle in der Gesamtproblematik eingenommen hat – eine auf den ersten Blick zwar weniger barbarische, aber dennoch tödliche Rolle.
Die im Vergleich zu anderen Regionen höhere Artenvielfalt im Juragebirge, auf der Alpennordseite und in den grossen und weit auslaufenden Alpentälern spiegelt wider, welchen Einfluss der Mensch auf die Verdrängung bestimmter Arten hat und dass Vielfalt überall dort erhalten bleibt, wo menschliche Einflüsse gering sind.
Landschaften, die mit Stromtrassen oder Windkraftanlagen durchzogen sind, Pestizide in der Landwirtschaft, Blei- und Aluminiumkontaminationen in der Umwelt, häufigere Kollisionen in einem zunehmenden Strassenverkehr oder an verglasten Immobilien, ein Neuaufkommen von Infektionserkrankungen durch Haltung und Globalisierung oder auch die illegale Verfolgung und gezielte Vergiftung stellen wesentliche Gründe dafür dar, dass der Mensch nach wie vor der Todesfeind Nummer eins für Greif- und Eulenvögel ist. Gerade wenn Arten zudem noch als Zugvögel andere Quartiere mit entsprechender Gefährdungslage im Ausland beziehen, wird klar, dass nationale Massnahmen für den Schutz allein niemals ausreichend sind.
Wie funktioniert der Vogelschutz international und national?
Eigentlich gibt es übergeordnete rechtliche Regelungen, von denen ein jeder Jäger sicherlich auch schon etwas im Rahmen seiner Jagdausbildung gehört hat.
Das Übereinkommen zur Erhaltung wandernder und wildlebender Tierarten (CMS), welches auch als Bonner Konvention bezeichnet wird, stellt neben 130 anderen Nationen auch für die Schweiz ein internationales Regelwerk dar. In EU-Ländern wie Deutschland oder auch Österreich liefern die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) und auch die Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG international verbindliche Leitstrukturen. Der Schutz im internationalen Handel, welcher insbesondere auch für den Falkner eine entsprechende Relevanz hat, wird durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) geregelt. Das Sekretariat hat seinen Sitz in Genf und ist ebenso wie die Bonner Konvention Teil des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Die entsprechenden internationalen Konventionen greifen allerdings nicht in die Souveränität eines Staates ein, sodass Länder wie die Schweiz, Österreich oder auch Deutschland ein übergeordnetes Naturschutzgesetz mit entsprechenden Artenschutzverordnungen für sich formuliert haben und anwenden.
Auch durch gezielte, zunächst paradox klingende Verbote wird versucht, die Vögel national zu schützen. So wurde im Kanton Zürich mit Beginn des Jahres 2023 ein entsprechendes Fütterungsverbot von Wildtieren und Vögeln im Jagdgesetz verankert. Grund hierfür ist, dass die Fütterung zu unnatürlichen Verhaltensänderungen der Tiere führt, Infektionserkrankungen und die Verschleppung dieser gefördert werden und die Tiere dadurch einer erhöhten Gefährdung trotz des gut gemeinten Gedankens ausgesetzt sein können.
Welche Schutzorganisationen gibt es in der Schweiz, Österreich und Deutschland?
Allen voran muss die Organisation BirdLife International benannt werden. Sowohl in der Schweiz als auch in Österreich gibt es direkte Einrichtungen der Organisation BirdLife. In Deutschland ist der NABU verantwortlich. Neben diesen Einrichtungen gibt es aber auch zusätzliche Greifvogelschutzstationen. In der Schweiz finden sich solche fachkundigen Einrichtungen an unterschiedlichen Stellen. Die Schweizerische Vogelwarte in Sempach (Kanton Luzern), die Stiftung Wildstation Landshut (Kanton Bern) oder die Greifvogelstation Berg am Irchel (Kanton Zürich) stellen beispielsweise weitere Versorgungsmöglichkeiten für verletzte oder erkrankte Tiere bereit. Neben der Erstversorgung setzen sich die Zentren auch gemeinsam mit der Kantonspolizei und den Jagdaufsehern für örtliche Schutzmassnahmen ein.
Weiterhin helfen konkrete Zuchtprogramme des Zoos Zürich in Verbindung mit dem dortigen Tierspital oder der Tierpark Goldau bei der Wiederansiedlung bedrohter Arten.
Individuelle Lösungen, fachkundige Strategien und politische Abwägungen
Als erfolgreich zu bewerten ist, dass sich beispielsweise der Bestand des Kaiseradlers in Österreich durch erfolgreiche Schutzmassnahmen zu erholen scheint. Zudem konnten im Berchtesgadener Land in Deutschland sowie in den Freiburger Voralpen Bartgeier angesiedelt werden. Die südlichen Regionen des Kantons Fribourg sowie die Region Schwarzsee/Kaiseregg stellen im Allgemeinen vorbildliche Bedingungen zur Verfügung, damit sich Greifvögel jeglicher Art entweder dauerhaft oder als Zeitgäste ansiedeln können. So ist es sogar möglich, in diesem Bereich vereinzelte Gänsegeier während der Sommermonate zu beobachten. Hierbei handelt es sich um Jungvögel, die aus Frankreich kommen und den Sommer in der Schweiz verbringen.
Ein weiteres Projekt zur Wiederansiedlung von Bartgeiern in der Schweiz wurde im Kanton Obwalden umgesetzt. In der Nähe von Melchsee-Frutt hat die Stiftung Pro Bartgeier in diesem Juni zwei Jungvögel namens Marco und Obwaldera erfolgreich auswildern können. Die Vögel können insbesondere an sonnigen Tagen mit ausreichender Thermik für Gleitflüge erfolgreich auf dem Plateau rund um den Titlis beobachtet werden. Aber auch von zuhause aus kann man die Tiere über diverse Live-Webcams jederzeit beobachten.
Nachdem in den meisten europäischen Ländern die Anwendung von DDT und PCB als Pestizide vor etwa 50 Jahren verboten worden war, konnten sich viele Bestände erholen. In der Schweiz brütete zu dieser Zeit nur noch ein einziges Wanderfalkenpaar ausserhalb der Alpenzone erfolgreich, da als Folge des Pestizideinsatz die Eischalen bei sämtlichen Greifvogelarten brüchig geworden waren und somit eine Fortpflanzung kaum noch möglich erschien. Andere Pestizide wie Carbofurane, die man in der Landwirtschaft verwendete, wurden in der Schweiz erst 2013 verboten und sorgten bis dahin noch regelmässig für Vergiftungen von Mäusebussarden oder dem Rot- und Schwarzmilan. Auch die eigentliche Absicht der insektiziden Wirkung dieser Substanzen hat den Greif- und Eulenvogelbestand unmittelbar getroffen. Dadurch, dass weniger Insekten vorhanden waren, hatten es Greifvögel und Eulen, die Insekten als Nahrung jagen, nicht leicht. Andere Greifund Eulenvögel, die sich wiederum von insektenfressenden Kleinsäugern wie unter anderem Spitzmäusen ernähren, sind auch ohne Vergiftung von den indirekten Folgen betroffen gewesen.
Andere Pestizide wie Carbofurane, die man in der Landwirtschaft verwendete, wurden in der Schweiz erst 2013 verboten und sorgten bis dahin noch regelmässig für Vergiftungen von Mäusebussarden oder dem Rotund Schwarzmilan. (Bild: Karl-Heinz Volkmar)
Wenn schon der Blick auf Umweltkontaminationen gerichtet wird, sollten auch die Lösungskonzepte hinsichtlich der Bleireduktion in der Umwelt erwähnt werden. Seit Februar 2023 darf im gesamten europäischen Wirtschaftsraum keine bleihaltige Munition mehr in Feuchtgebiete gelangen. In Deutschland besteht schon seit Jahren ein Verbot zur Jagd sowie zum Mitführen von bleihaltiger Munition rund um Feuchtgebiete oder auch im Staatsforst. Auch in der Schweiz verschwindet das Blei immer mehr aus den Wäldern, obwohl ein Verbot zur Verwendung bleihaltiger Munition im Jahr 2020 abgelehnt wurde. In Österreich gelten entsprechende ähnliche Regelungen zu denen in Deutschland.
Neuartige Infektionserkrankungen können zudem eine schwerwiegende Gefährdung der Greifvögel darstellen. Nun fragt man sich sicherlich, dass sich diese Gefährdung doch überhaupt nicht vermeiden lässt. Ja, das mag sein, aber dennoch kann man auch hierbei für ein globales Problem sensibilisiert werden. Infektionen wie das West-Nil-Virus haben es aus dem West-Nil-Distrikt Ugandas bis weit hinein nach Europa geschafft. Nur über Zugvögel? – Nein, sicherlich nicht. Die Globalisierung und der internationale Handel haben es ebenfalls ermöglicht, dass Infektionserreger wie das West-Nil-Virus oder auch bestimmte Stechmückenarten, die das Virus übertragen können, in unsere Breiten eingeschleppt wurden. Auch die immer wieder aufkommenden Ausbrüche der Vogelgrippe, zuletzt auch beim Wasserflugwild im Kanton Neuchâtel, sind das Resultat häufiger Virusmutationen durch enge Besatzdichten beim landwirtschaftlichen Geflügel und eines nie dagewesenen engen und nahen Zusammenlebens mit der Wildvogelpopulation.
Auch die Infrastruktur, in der wir leben, birgt weiterhin Gefahren, für die es zwar Lösungsansätze gibt, allerdings bleiben bisher gesamtheitliche Konzepte aus. Oftmals gerät hierbei der Natur- und Vogelschutz in einen ständigen Interessenskonflikt mit dem Klimawandel oder auch der Energiekrise. Zwar hat die Klimaerwärmung dazu beigetragen, dass sich auch exotischere Arten wie der Schlangenadler oder die Zwergohreule in der Schweiz einheimischer fühlen, jedoch ist auch der Habitatverlust für viele alpine Adlerarten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu erkennen.
Die neuen Energienutzungsmöglichkeiten und vor allem auch die dafür benötigten Transportwege sorgen global für ein ganz anderes Landschaftsbild.
Gerne werden Strommasten von Greifvögeln und Eulen als Sitzwarte verwendet. Insbesondere Mittelspannungsmasten stellen ein gefährliches Konstrukt für die Tiere dar. Auch Windkraftanlagen können aufgrund der unterschiedlichen Luftdruckverhältnisse vor und hinter dem Rotorblatt für eine gefährliche Druckdifferenz während des Vogelflugs sorgen. Gerade die Bestände von Rotmilan und Mäusebussard scheinen sich in einigen Regionen Deutschlands durch die nahezu ubiquitär vorkommenden Windkraftanlagen dezimiert zu haben.
Eine Sanierung entsprechender Strommasten ist notwendig, zudem muss örtlich stets eine genaue Abwägung von grüner Stromerzeugung zu Natur- bzw. Vogelschutzaspekten erfolgen.
Neben diesen Problemen, für die es noch zukunftsorientierter, gemeinwohlverträglicher Lösungen bedarf, gibt es natürlich auch noch eine Reihe an Gefährdungen, bei denen jede Person durch ihr eigenes Zutun etwas zum Greif- und Eulenvogelschutz leisten kann. Im häuslichen Umfeld stellen beispielsweise Kaminstürze ein häufig auftretendes Szenario dar. Um solche Stürze von Vögeln erfolgreich zu verhindern, ist die simple Anbringung eines Schutzgitters um den Kamin eine erfolgreiche Lösung. Das bis dato aber grösste Problem im Siedlungsraum ist nach wie vor die Kollision von Tieren mit verglasten Gebäuden. Gerade Sperber und Turmfalken leiden darunter immens. Vögel sind nicht in der Lage, eine Glasscheibe als solche zu erkennen, und fliegen daher häufig mit enormer Geschwindigkeit in dieses Hindernis hinein. Fensterfronten werden mittlerweile häufig mit farbigen Punkten beklebt oder es werden mit Klebefolien flächendeckende Markierungen angebracht.
Zudem dringt der Mensch durch seine Freizeitaktivitäten immer weiter in den Lebensraum von Wildtieren allgemein, aber auch von Greif- und Eulenvögeln ein. Sowohl Wandern oder Wintersport abseits der Wege und Pisten, Felsklettern in der Nähe von Brutstätten als auch Gleitschirmflüge nehmen den Tieren sinnbildlich die Luft zum Atmen. Auch der Jäger als Naturschützer steht hier mit seinem fachkundigem Wissen in der Verantwortung, andere Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie sie mit dem Lebensraum anderer Lebewesen umgehen sollten.
Möchte man zudem im privaten Umfeld etwas für den Schutz der Tiere tun, dann können für Höhlenbrüter Nistnischen oder andere Brutplätze am Dach oder in entsprechenden Hausecken eingerichtet werden. Gerade Turmfalken oder auch Schleiereulen nehmen diese Hilfe sehr gerne an, da es für sie als Kulturfolger zunehmend schwierig wird, ruhige Rückzugspunkte in einer menschgemachten Welt zu finden.
Es gibt also, wie man sieht, einiges mehr über den Greif- und Eulenvogelschutz in der Schweiz und bei unseren Nachbarn zu sagen, als sich nur auf die rechtlichen Gegebenheiten zu stützen oder zu verlassen. Der Schutz muss international erfolgen, nicht zuletzt auch, da staatliche Grenzen für Vögel als Lebewesen sicherlich nicht gelten. Da wir als Menschen jedoch Grenzen, egal in welcher Form, für den Lebensraum dieser Tiere schaffen, stehen wir auch einzeln in der Verantwortung, individuelle, fachkundige oder auch gesamtheitliche Lösungen zu entwickeln. Individuelle Lösungen kann ein jeder kreieren, für fachkundige Lösungen sollte auch der Jäger als Naturliebhaber Bereitschaft zeigen und für die Politik gilt es, dort wo bis dato noch Interessenskonflikte bestehen oder neue aufkommen werden, diese entsprechend zu diskutieren und sowohl positive als auch negative Entwicklungen ausreichend zu bewerten.
TIPPS VOM TIERARZT
Was kann man tun, wenn man einen verletzten oder kranken Greifvogel findet?
- Transportkiste mit Luftlöchern besorgen oder basteln.
- Handschuhe und Mundschutz tragen.
- Den Vogel in eine Decke einwickeln, niemals ohne Decke anfassen (Verletzungsgefahr!).
- Nächste Auffangstation oder eine Tierklinik kontaktieren.
- Im Zweifelsfall Feuerwehr oder Tierrettung alarmieren, diese kümmert sich dann um das Einfangen und den Transport.
Text: Maurice Maurer
Hauptbild: stock.adobe.com
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